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Ehemalige Lehrveranstaltungen

Stark reduzierte Auswahl von Literatur-Seminaren, die an der Univ. Heidelberg gehalten wurden:
(Auszüge aus den Semester-Veranstaltungs-Kommentaren des IDF d. Univ. Heidelberg)

Sommersemester 2004

Seminar: Kafkas Erzählungen

Gegenstand der Untersuchung sind folgende Erzählungen:

Das Urteil (1912)
Die Verwandlung (1912)
Vor dem Gesetz (1914)
In der Strafkolonie (1914)
Ein Landarzt (1917)

Als gemeinsame Textgrundlagen für die Diskussion benutzen wir: F. Kafka: Brief an den Vater, Fischer TB, Bd. 1629; F. Kafka: Das Urteil und andere Erzählungen, Fischer TB, Bd. 19; K. Wagenbach: Kafka, rororo - Monographie.

Die Erzählungen werden zunächst im Hinblick auf Gattungszuordnung, Erzählhaltung und Periodenzugehörigkeit untersucht. Danach werden sogenannte "repräsentative" Stellungnahmender bisherigen Forschung zur Sinn-Deutung referiert und diskutiert. Schließlich wird versucht, Intention und "Botschaft" der Erzählungen mit Argumenten, die die Psychoanalyse von S. Freud zur Verfügung stellt, zu erklären.

Sommersemester 2003

Seminar: Die deutsche Erzählung zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Die bedeutenden Erzähler des Naturalismus haben das "Unerhörte" der Erzählbegebenheiten gleichsam "entmystifiziert", indem sie es als das kausal erklärbare Resultat einer besonderen Verkettung psychologisch und soziologisch bedingter Umstände durchschaubar gemacht haben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird jedoch in herausragenden Erzählungen das "Erlebnis der Novelle" (MusiI) neu entdeckt als "etwas, das über einen hereinbricht, eine Erschütterung, nichts, wozu man geboren ist, sondern eine Fügung des Geschicks - ... ". Eine "neue", irrational-unheimliche Komponente des "Unerhörten" wird erkennbar, die, wie Th. Mann sagt, den "Zusammenbruch" einer "hochkultivierten Haltung", die "Niederlage der Zivilisation", den "Triumph der unterdrückten Triebwelt" thematisiert.

Die Seminar - Diskussion wird zu klären haben, inwieweit die genannten Erzähler dieses Problem kritisch bewältigt oder es als verführerisches Faszinosum ideologisch gefährlich mythisiert haben.

Behandelte Werke: Hofmannsthal: Das Erlebnis des Marschalls von Bassompierre (1900); Th. Mann: Der Tod in Venedig (1913); Kafka: in der Strafkolonie (1919); Ein Hungerkünstler (1922); G. Binding: Unsterblichkeit (1922); SI. Zweig: Brief einer Unbekannten; Der Amokläufer (1922).

Vorläufige Sekundärliteratur: S Freud: Das Unheimliche; W. Kayser: Das Groteske; R. Baumgart: Das Ironische und die Ironie in den Werken von
Th. Mann.

Sommersemester 2002

Seminar: Thomas Manns frühe Erzählungen

Die unten genannten frühen Erzählungen sollten eigentlich, wie es Th. Mann selbst getan hat, Novellen genannt werden. Sie enthalten zwar keine "unerhörte Begebenheit" im Sinne von Goethe, sie entsprechen aber der psychologisch orientierten Novellentheorie des Realismus im 19. Jahrhundert: Der im Mittelpunkt stehende Konflikt, von welchem aus das Ganze sich organisiert, gipfelt jeweils in einem ungewöhnlichen Ausgang, der jedoch nichts Rätselhaftes enthält, sondern als ein Resultat, das sich notwendig durch die Eigentümlichkeit der engagierten Charaktere ergeben muss, analysiert werden kann.

Vorläufige Sek.-Lit.: (gekürzte Titel, genaue Angaben bei:) H.R. Vaget:
Th. M Kommentar zu sämtlichen Erzählungen (1984).
Von übergeordneter Bedeutung: R. Baumgart: Das Ironische und die Ironie in den Werken von Th. M (1964)
Zu d. frühen Erzählungen:
G. W. Kluge: Das Leitmotiv als Sinnträger (1969); H. Haug: Erkenntnisekel (1969); J. Wich: Th. M.s Gladius Dei (GRM 1972); H.R. Vaget: Die lit. Anfänge Th. M.s (ZfdPh 1975); P. Fix, Hg.: Das erzählerische Werk v Th. M. (1976); J. Wich: Groteske Verkehrung d. Vergnügens am tragischen Gegenstand (DVjs 1976).
Zur Epoche:
E. Koppen: Dekadenter Wagnerismus (1973); 1. Wich: Th. M.s frühe Erzählungen und der Jugendstil (Litwiss. Jb. 1975); J. M. Fischer: Fin de siècle (1978).

Sommersemester 2001

Seminar: Der Mythos der femme fatale in Kunst und Dichtung des 19. Jahrhunderts

Die Gestalt der femme falale in Kunst und Dichtung des 19. Jahrhunderts ist nicht bloße Nachfahrin von mythischen und historischen Figuren der Vergangenheit wie Helena, Kleopatra, Salome oder Lukretia Borgia, die meist als exemplarische Fälle für die fatale dämonische Gewalt weiblicher Verführung zitiert werden. Die Neuheit des Frauenbildes hat B. Shaw mit Witz und Prägnanz erfaßt, wenn er sagt: "Don Juan had changed his sex and become Dona Juana", womit er auch auf die Neuheit des sozialhistorischen Hintergrunds hingewiesen hat: die Gefahren, die dem Patriarchat und seiner Liebes-Ideologie durch den Emanzipations-Anspruch der Frauen drohen.

Wenn (ausschließlich männliche) Künstler seit der Mitte des 19. Jahrhunderts der femme fatale eine derart unheimliche tödliche Verführungsmacht zuerkennen, daß an ihr die Wertkriterien der patriarchalischen Moral kläglich versagen, haben sie in ihrer Phantasie ein Frauen-Idol erschaffen, in dem die Angst-Abwehr gegenüber der drohenden weiblichen Emanzipation und die Lust an der Aufgabe der eigenen Macht auf eigentümlich ambivalente Weise zusammenfallen.

Folgende Werke sind Gegenstand der Analyse und Diskussion:
Cazotte: Der verliebte Teufel (1772) - Fotokop.
ETA. Hoffmann: Die Geschichte vom verlorenen Spiegelbilde (1815) - Fotokop.
H. Heine: Besprechung des Judith-Bildes von Vernet (1833) - Fotokop. [Salome] Auszug 19. Kap. Atta Troll (1843) - Fotokop.
Mérimée: Carmen (1845) - Rec1am VB 1602
Huysmans: Beschreibung der Salome-Bilder von Moreau in: Gegen den Strich (1884) - Fotokop.
Nietzsche: [über Carmen] in: Der Fall Wagner (1888) - Fotokop.
Zola: Therese Raquin (1886) - Reclam UB 9782
Ibsen: Nora (1879) - Reclam
O. Wilde / Richard Strauß: Salome (1893/1905) - Reclam UB 4497
Wedekind: Lulu (Der Erdgeist; und Die Büchse der Pandora) (1895/1902) - Reclam VB 8567

Wintersemester 2000

Seminar: Hermann Hesses Erzählungen "Demian" und "Steppenwolf"

Gegenstand der Lektüre, Untersuchung und Diskussion sind Hermann Hesses Erzählungen "Demian" (1919) und "Der Steppenwolf“ (1927). Die Seminararbeit soll zeigen, wie die von Thomas Mann gefeierte "elektrisierende Wirkung" und "experimentelle Gewagtheit" der beiden Werke darin wurzeln, daß Hesse mit effektbewußtem Raffinement Symbole einsetzt, die C. G. Jungs Tiefenpsychologie als Vermittler zwischen den Strebungen der Archetypen des kollektiven Unbewußten und dem Denken des Ichs erklärt hat. Mit der Erfahrung und Erkenntnis dieser Symbole wollte Hesse seine Hauptfiguren ihren Individuationsprozeß erleiden und gestalten lassen. Er hat damit versucht, eine Erneuerung des traditionellen Bildungs- und Entwicklungsromans zu kreieren.

Vorläufige Literaturempfehlungen:
H. Hesse: Demian; Der Steppenwolf, Suhrkamp-Taschenbücher; Materialien zu Hesses "Demian" und "Der Steppenwolf“, Hg: Volker Michels,
Suhrkamp-TBB.
C G Jung: Die Beziehungen zwischen dem Ich und dem Unbewußten, zuerst DA, 1928;
Jolante Jacobi: Die Psychologie von C. G. Jung, Zürich 1914.
F. Böttger: Hermann Hesse. Leben, Werk, Zeit., Berlin 1974 (als soziologisch orientierter Gegenversuch zur psychologischen Deutung
von hohem Interesse).

Sommersemester 1998

Seminar: "Der Dichter und das Phantasieren": Psychoanalytisch orientierte Literatur-Kritik.

Auf der Basis von Freuds Abhandlungen, "Der Dichter und das Phantasieren" (1905), "Einige Charaktertypen aus der psychoanalytischen Arbeit" (1916) und "Das Unheimliche" (1919), soll gezeigt werden, welche Bedeutung psychoanalytisch orientierte Literatur-Deutung für das Verständnis literarischer Werke beanspruchen kann, aber auch welche Grenzen diesem Anspruch gezogen werden sollten. Ausführlich werden auch Positionen der Kritik an der psychoanalytischen Literaturdeutung, aber auch der psychoanalytischen Kritik an den herkömmlichen Interpretationsweisen erkennbar gemacht.

Unter Bezug auf die oben genannten literaturtheoretisch relevanten Abhandlungen von Freud werden folgende Werk-Texte analysiert und diskutiert:

Shakespeare/Schiller:
Monologe von Edmund Gloucester; Richard III.;
Franz Moor
E. T. A. Hoffmann:
Geschichte vom verlorenen Spiegelbild;
Der Sandmann
E. A. Poe:
Die schwarze Katze
Nietzsche:
Genealogie der Moral; II. Abhandlung: Schuld, Schlechtes Gewissen und Verwandtes
Leconte de Lisle/Rilke:
Raubtier-Gedichte
Kafka:
Das Urteil; In der Strafkolonie
St. Zweig:
Brief einer Unbekannten

Auswahlbibliographie:
C G Jung: Über die Beziehung der analytischen Psychologie zum dichterischen Kunstwerk (J 930).
P v. Matt: Die Herausforderung der Literaturwissenschaft durch die Psychoanalyse des literarischen Kunstwerks (1983).
P. Ricoeur: Die Interpretation. Ein Versuch über Freud (1974).
K.-U Pech: Kritik der psychoanalytischen Literatur- und Kunsttheorie (1979).
E. Leibfried: Kritische Wissenschaft vom Text (1970).